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Maskal, Äthiopien und Kaffee: Reisen in die Heimat des Kaffee arabica 1. Teil: 2000 - 2007

Äthiopien ist das Land, in dem einst unsere ganz persönliche Kaffee-Geschichte begann. Wir besuchen das Land weiterhin regelmäßig, sei es, um nach neuen, spannenden Kaffees zu suchen, sei es, um mit Kaffee-Liebhabern eine Reise durch das faszinierende Heimatland des „Coffea arabica" zu machen.

Äthiopien-Karte
Äthiopien-Karte

Äthiopien, das Heimatland des Kaffee arabica, ist vielleicht das spannendste aller Kaffeeländer. Es ist nicht nur die ungeheure Vielfalt von schätzungsweise 4000 -5000 Kaffee-Varitäten, es ist nicht allein die Vielzahl der Anbauformen in Gärten, auf Schattenplantagen und „Semi-forest"-Plantagen oder das Sammeln von Wildkaffee (PS: Link legen zu maskal.de/kaffee/dossier-wildkaffee/), es ist besonders die langsam greifende Liberalisierung, die die Augen vieler großer und kleiner Importeure und Röster noch stärker als bisher auf das Land blicken lässt. Hat sich die durch Verstaatlichung und starke Restriktionen während der kommunistischen Zeit von 1974 -1991 fast dem Niedergang geweihte Produktion weitgehend erholt und gefestigt (auch wenn der Handel mit Äthiopien nach wie vor seine ganz eigenen Besonderheiten aufweist.), so ist gleichzeitig ein Prozess der strukturellen Erneuerung angestoßen. Zu diesem Prozess der strukturellen Umgestaltung gehören nicht nur die beabsichtigte Dezentralisierung der staatlichen Qualitätskontrolle und die (wiederholt) beabsichtigte Veräußerung der Staatsplantagen, auch das überholte System der Auktionierung ist stark in die Diskussion geraten.

Kaffee-Anbaugebiete in Äthiopien
Kaffee-Anbaugebiete in Äthiopien

Musste bisher aller Kaffee einem der 6 großen Charaktere Yirga Cheffe, Sidamo, Limu, Harar, Jimma oder Lekempti zugewiesen werden (hinzu kommen die Staatsplantagen Tepi und Bebeka ), so ist es jetzt geradezu gewünscht, kleinräumig produzierte Kaffees unter eigenen, neu geschaffenen Labels zu verkaufen. Hierzu zählen z.B. Kaffees wie „Arsi Gololcha " (ein sonnengetrockneter Harar aus Arba Gugu / Gololcha PS: Link zum Gololcha-Kaffee im Shop legen!)), „Kaffa Forest" (ein gewaschener Waldplantagenkaffee aus Wush-Wush) "Gizmeret " (ein gewaschener Waldkaffee aus Bench Maji / Sheko) oder „Yirgacheffe special " (ein sonnengetockneter Yirga Cheffe aus dem „Tal des Nebels" und - inzwischen - einigen benachbarten Gebieten). Durften des weiteren z.B. sonnengetrocknete Yirgacheffes bisher ausschließlich als Sidamo Grad 5 und 4 verkauft werden, so ist jetzt ihr Verkauf mit der Bezeichnung „Yirgacheffe" erlaubt; dies macht aber nur Sinn bei einer exzellenten Verarbeitung, damit der hohe Ruf des Yirgacheffe weiterhin bewahrt werden kann.

Während des Trocknens muss der Kaffee vor Regen u. starker Sonneneinstrahlung geschützt werden.

Auch entstehen im Südwesten des Landes mehr und mehr kleine, meist „Semi-forest"-Plantagen bzw. Waldplantagen, die z.T. außergewöhnliche Qualitäten erzeugen.

Waren in Äthiopien nach der Ernte bisher nur zwei Verarbeitungsverfahren bekannt, das Waschen und das Sonnentrocknen, so haben die ersten Gehversuche mit der in vielen anderen Ländern praktizierten „semi-washed"-Methode zu Ergebnissen geführt, die man teilweise als geradezu sensationell bezeichnen muss. Der äthiopische Kaffee scheint wie geschaffen für diese Art der Verarbeitung.

Nicht mehr wegzudenken ist der nationale Verkostungswettbewerb auf Kooperativenebene, deren prämierte Kaffees an der elektronischen Börse bemerkenswerte Preise erzielen. Dieser Wettbewerb soll, so ist es im Gespräch, auch für private Produzenten geöffnet werden, was die Entwicklung hochwertiger „Single origin"-Kaffees weiter vorantreiben wird.

Aussortieren schlechter Kaffeebohnen
Aussortieren schlechter Bohnen auf einer Kaffee-Waschanlage in Yirga Cheffe, Äthiopien.

Die Liberalisierung öffnet das Tor für die Erzeugung neuer, gut verarbeiteter Spezialitätenkaffees. Es handelt sich dabei immer um „single origins" der bekannten, qualitativ ohnehin hochwertigen Kaffees wie Sidamo , Yirga Cheffe, Limu oder Harar , aber neuerdings solche aus den für den Spezialitätenmarkt bisher uninteressanten Jimmas oder Lekemptis im Westen und Südwesten des Landes. Solche Kaffees zeichnen sich aus durch besondere ökologische Voraussetzungen, durch eine klar definierte (kleinräumige) Herkunft, eine erstklassige Verarbeitung oder durch eine besonders gute „Story".

Die große Nachfrage in diesem Segment wird sicher rasch anwachsen, so dass - zumindest für die nächsten Jahre - mit einem zunehmend größeren Spektrum an hochwertigen Kaffees gerechnet werden darf. Entscheidend wird für die gesamte Entwicklung sein, dass nicht zu viele Newcomer-Produzenten und -Exporteure auftauchen, die lediglich das schnelle Geld machen wollen. Das würde dem Anspruch auf einen nachhaltig hohen Qualitätsstandard entgegen wirken.

2. Teil: 2008 –

Das Jahr markierte einen tiefen Einschnitt in den äthiopischen Kaffee-Markt. Die tatsächlich Ablösung der Kaffee-Auktion durch die Commodity Exchange (ECX), führte zu Veränderungen, aber auch zu nationalen und internationalen Reaktionen und Widerständen, wie dies bislang in keinem Kaffeeland der Fall gewesen ist.

Zu den wichtigsten Entwicklungen seit Eröffnung der ECX, über die auch andere landwirtschaftliche Güter wie Bohnen oder Mais verhandelt werden gehören: Die geplanten „Warehouses“, die dezentralen Lagerhäuser und Verkostungseinrichtungen, existieren inzwischen; die Kooperativendachverbände können – wie schon vor Etablierung der ECX – direkt vermarkten; auf Druck der SCAA, dem amerikanischen Verband für Spezialitätenkaffee, wurde für die Vermarktung der Spezialitätenkaffees ein eigener Börsenzweig, die DST, eingerichtet (die aber, wie zu erwarten, aufgrund ihrer Konstruktion von Anbeginn an mit nur bescheidenem Erfolg operierte und über die schon seit geraumer Zeit nicht mehr gehandelt wird); private Produzenten können eine Lizenz erwerben und direkt vermarkten u.v.m.

Den größten Einschnitt gab es meines Erachtens allerdings beim Kaffee selbst. Bedingt durch die Zusammenführung aller Kaffees aus einem nun klar definierten Anbaugebiet gehen die lokalen, durch unterschiedliche Anbauhöhen, Kaffee-Varietäten und Verarbeitungsqualitäten geprägten Geschmacksunterschiede verloren. Highlights wie ein sonnengetrockneter Misty Valley wurden dadurch zu Grabe getragen.

 

Auf Grund zahlreicher Widerstände und Aktivitäten seitens äthiopischer Exporteure und Produzenten hat sich, insbesondere was die Direktvermarktung und damit die Umgehung der „Mischungs-Anstalt“ ECX betrifft, doch wieder ein Tür geöffnet und Produzenten, wie schon angedeutet, können eine Direktvermarktungs-Lizens erwerben. Die Kooperativen-Dachverbände können die ECX wie schon zu Zeiten der alten Kaffee-Börse, weiterhin umgehen und ihre Kaffees direkt vermarkten. Es wird also weiterhin möglich sein, sagen wir unter etwas erschwerten Bedingungen, an Ausnahmekaffees zu kommen. In diesem Sinne werden wir in gewohnter Weise unser Bestes tun.